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UN-Generalsekretär Annan hat sich am 9. Februar 2006 zum
Karikaturenstreit geäußert und gemahnt, die Freiheit der Presse sollte keine
Ausrede sein, um Religionsgemeinschaften zu beleidigen. Peter Philipp
kommentiert.
UN-Generalsekretär Kofi Annan gebührt ein Wort der
Anerkennung. Mit nachdrücklichen Worten hat er an alle Beteiligten appelliert,
zur Besinnung und Vernunft zu kommen und zu deeskalieren, statt weiter an der
Schraube von Verunglimpfung und Gewalt zu drehen. Besonnene Worte wie die von
Annan sind leider allzu selten geworden in einer Zeit, in der moralische
Empörung - oder was dafür gehalten wird - Menschen im Streit um die
Mohamed-Karikaturen mobilisiert und in der vom "Kampf der Kulturen“
orakelt wird. Dieser "Kampf" forderte im Orient bereits die ersten
Todesopfer. Dagegen werden im Westen Barrikaden jeder Art zum vermeintlichen
Schutz von Meinungs- und Pressefreiheit errichtet.
Pressefreiheit ist kein Freibrief
Dabei hat der UN-Generalsekretär gar nichts Sensationelles
gesagt, sondern nur das eigentlich Selbstverständliche: Es sei in keiner Weise
nachvollziehbar, warum europäische Medien immer wieder die umstrittenen
Karikaturen nachdruckten und damit Öl ins Feuer gössen. Pressefreiheit sei doch
kein Freibrief, sondern müsse mit Verantwortungsbewusstsein und
Urteilsvermögen genutzt werden. Gleichzeitig aber könne und dürfe Gewalt keine
Antwort sein. Schon gar nicht gegen Unschuldige, die mit der Veröffentlichung der
Karikaturen nichts zu tun haben. Um solche Ereignisse in Zukunft zu
verhindern, müsse die Frage der Menschenrechte neu erörtert und geklärt werden,
damit künftig klar sei, welchen Stellenwert Pressefreiheit auf der einen und
religiöse Freiheit auf der anderen Seite habe.
Minimum an gesundem Menschenverstand
nötig
Mit Konventionen und Gesetzen allein wird man solche Dinge
allerdings nicht unterbinden können. Dazu gehört nun einmal auch ein Minimum an
gesundem Menschenverstand und - mehr noch - Menschlichkeit. Ein solches hätte
in Dänemark die Erstveröffentlichung der Karikaturen verhindern sollen.
Zugleich hätte es auf muslimischer Seite aber auch dazu führen müssen, dass man
den Fall als geschmacklose Entgleisung einer Zeitung abtut und nicht zum Fanal
eines Kulturkampfes erklärt.
Zu Recht kritisiert Annan die erneute Veröffentlichung der
Karikaturen in anderen Medien. Rein juristisch könnten diese sich darauf
berufen, sie müssten ihren Konsumenten gegenüber doch dokumentieren, worum es
bei dem Streit überhaupt gehe. Das aber tun sie keinesfalls. Stattdessen halten
sie den Abdruck für eine Heldentat zur Verteidigung der Meinungsfreiheit.
Obwohl inzwischen doch auch der letzte Dummkopf wissen dürfte, wie explosiv die
Situation ist.
Wiederabdruck der Karikaturen ist
mutwillige Brandstiftung
Zugegeben: Es wirkt merkwürdig, wenn etwa die täglichen
Diskussionssendungen im Fernsehen sich darauf beschränken, die Karikaturen nur
mit Worten zu beschreiben und man auch inkriminierende Beispiele aus der Vergangenheit
nur erwähnt, aber nicht vorführt. Inzwischen dürfte aber jeder wirklich
Interessierte längst wissen, worum es dabei geht. Dazu gibt es das Internet und
andere Möglichkeiten. Man muss sich nicht zum Helfershelfer der törichten
Demagogie machen, die hinter dem Karikaturenstreit steht.
Und wer dennoch glaubt, er müsse die umstrittenen Zeichnungen jetzt noch veröffentlichen, der muss sich den Vorwurf der mutwilligen Brandstiftung gefallen lassen. Treffender hätte Kofi Annan dies kaum verurteilen können.
Responsible: Peter Ziegler |
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